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Die Aushandlung religiöser Unterschiede. Theologische Positionen zum Umgang mit religiöser Diversität im Libanon

Die Aushandlung religiöser Unterschiede. Theologische Positionen zum Umgang mit religiöser Diversität im Libanon

Projektleiter: Dr. Stefan Maneval
studentische Hilfskraft: Julian Bauch

Drittmittelprojekt gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Förderprogramms „Kleine Fächer, große Potentiale“, Laufzeit: 3 Jahre (bis 07/2021)

Die gewaltsame Geschichte des Libanon veranlasste libanesische Theologen in der jüngeren Vergangenheit dazu, sich für Versöhnung und friedliche Koexistenz einzusetzen. In diesem Zusammenhang suchten Theologen unterschiedlicher Konfessionen seit dem Ende des Bürgerkriegs (1975-1990) vermehrt nach theologischen Begründungen für die Akzeptanz religiöser Unterschiede. Dieses Forschungsprojekt vergleicht zeitgenössische sunnitische, schiitische und unterschiedliche christliche Positionen aus dem Libanon, die dem Bestreben folgen, Akzeptanz für die Koexistenz unterschiedlicher Glaubenssysteme und Religionsgemeinschaften zu fördern. Es bereichert wissenschaftliche und öffentliche Diskussionen über die Herausforderung religiöser Diversität und die Bedingungen der friedlichen Koexistenz von Christen und Muslimen durch Einsichten aus einem nahöstlichen Kontext.

Religiöse Vielfalt stellt eine theologische Herausforderung für alle monotheistischen Religionen dar: Der Wahrheitsgehalt einer spezifischen religiösen Überlieferung wird durch die Existenz anderer Religionen in Frage gestellt. Das Forschungsprojekt fragt zum einen nach den theologischen Grundlagen für die Akzeptanz religiöser Unterschiede und der friedlichen Koexistenz. Dazu werden aktuelle Interpretationen der religiösen Überlieferungen durch führende libanesische Theologen analysiert. Diese Untersuchung basiert auf der Annahme, dass Konzepte der friedlichen Koexistenz, der Toleranz bzw. Akzeptanz, des Pluralismus und des Dialogs aus der jeweiligen religiösen Tradition heraus abgeleitet werden müssen, um nicht mit den überlieferten Lehren im Widerspruch zu stehen. Zum anderen untersucht das Projekt anhand einer Fallstudie die Förderung von Akzeptanz religiöser Diversität in Form von didaktischen Angeboten, die von einer lokalen Organisation entwickelt werden und selbst Ergebnisse von interreligiösen Aushandlungsprozessen sind. Ausgangspunkt für den theologischen Vergleich und die Fallstudie bildet eine Analyse des historisch-politischen und diskursiven Kontextes.

Die Forschungsergebnisse tragen zu allgemeineren wissenschaftlichen und öffentlichen Debatten zu den Bedingungen und Formen des Pluralismus, des Dialogs und der friedlichen Koexistenz von Muslimen und Christen in der Gegenwart bei. Hieraus entstehen Anschlussmöglichkeiten zu Diskussionen in anderen Disziplinen, u.a. der Islam- und Nahostwissenschaft, der Islamischen Theologie, der Vergleichenden Religionswissenschaft, der Wissenschaft des Christlichen Orients sowie der Systematischen und Interkulturellen Theologie. Die Untersuchung zeitgenössischer Ansätze zur Akzeptanz von religiösen Unterschieden aus einem nahöstlichen Kontext hat auch zum Ziel, diese Konzepte für den westlichen Diskurs zu erschließen und bekannter zu machen. Die Fallstudie stellt außerdem eine Verbindung zwischen Theorien und Praktiken der interreligiösen Verständigung, Versöhnung und Förderung von Akzeptanz gesellschaftlicher Diversität in Aussicht. Dadurch ergeben sich auch potentielle Transferleistungen für politische und religiöse Akteure, die in diesen Gebieten tätig sind.

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